Dienstag, 17. Mai 2011

American Whiskey powered by "Mad Mike"

Ein verregneter Sonntagnachmittag war der perfekte Termin für die Vorstellung und gemeinsame Analyse des - da verrate ich nix Neues - ausgezeichneten Portfolios der "Kentucky Bourbon Distillers" (kurz: KBD) in Bill Fehns B-Bar. Geladen hatten der Münchner KBD-Importeur Mike Werner und der Barzirkel dessen aus Funk und Fernsehen bekanntes Aushängeschild Oliver von Carnap auch durch das Programm führte. Dieser Abend war zudem der Auftakt zum "German Bourbon Trail", einer Reihe mit Tastings und Vorstellungen der o.g. Range, die in den nächsten Monaten Barkeeper und Gastronomen im gesamten Bundesgebiet von der Qualität der Produkte überzeugen soll.Nach einer Einführung zur Geschichte der Familie Willett, der Firma KBD und zur Geschichte des U.S.-amerikanischen Whiskeys im Allgemeinen startete die Runde den Bourbon Trail "unsachgemäß" mit einem Ryewhiskey, dem "Michter's Single Barrel Straight Rye Whiskey" (42,4% Vol., rund 5 1/2 Jahre gelagert). Komplex ist er, mit klarer Roggenstruktur ausgestattet und trotz des relativ geringen Alkoholgehalts steht er seinen Mann auch in einer süßen Manhattanrezeptur. Herr von Carnap verwendet diesen jungen, aber feinen Rye mit viel Kräuteraroma universell bei der Zubereitung aller Ryedrinks an seinem Wirkungsort, der Lux Bar. Ich würde ihn aber auch jederzeit als Sippingrye empfehlen.
Im ersten fünfköpfigen Flight der "unter 50%-Bourbons" traf ich mit "Kentucky Vintage" (45% Vol.) und "Willett Pot Still Reserve" (47% Vol.) alte, wohlschmeckende Bekannte. Auch mit "Corner Creek" (44% Vol.) und "Michter's Small Batch US*1 Bourbon" (45,7% Vol.) konnte ich mich schnell anfreunden. Der "Old Pogue" (45,5 % Vol.) war mir persönlich etwas zu brav.
In der zweiten Auswahl ging es mit fünf Vertretern der Klasse um die 50% Vol. schon etwas mehr zur Sache. Neben Mikes Favorit - seinem Alltagsbourbon zuzusagen - "Rowan's Creek" (50,05% Vol.) stachen für mich der zugängliche, aber gehaltvolle "Pure Kentucky XO" (53,5% Vol.) mit seinem Honigaroma und der sehr reife, aber nicht zu eichige "Noah's Mill" (57,15 % Vol.) heraus. Die beiden 50,5-Prozenter "Old Bardstown Estate" und der bekanntere "Johnny Drum Private Stock" sind Beispiele bester bodenständiger Destillierkunst und taugen als Sipping Bourbon ebenso wie im Mixbetrieb.
Die absolute Oberklasse definierten am frühen Abend nach einem exquisiten Chili mit Datteln und Pfirsichen drei besondere Vertreter. Während der 17jährige "Vintage Bourbon" (47% Vol.) zwar mit deutlichen Fassnoten von Vanille und Karamell bestach, aber durchaus auch kantig wirkte mit seinem zartbitteren Finish, waren die beiden Fassstärkenabfüllungen von Willett im Alter von 9 bzw. 17 Jahren und mit 61,4 bzw. 69,1% Vol. einfach nur umwerfend. Bei beiden Bourbons lohnt eine kleine Wartezeit nach dem Einschenken damit der Alkohol ein wenig verfliegt und so nicht in die Nase sticht. Trotzdem haben wir es mit heftigen, aber keineswegs sprittigen Bomben zu tun. Großartig der 9jährige, der süßere der beiden, der mit mehr Toffee aufwarten kann. Noch eindrucksvoller präsentiert sich der "Willett" in der 17jährigen Abfüllung, die nach den Zollpapieren sogar erst nach etwas über 18 Jahren in die Flasche gekommen ist: sehr komplex, mit kandierter Orange und angebranntem Karamell, weich und rund mit einem Gewitter von Fassnoten und einem trockenen Abgang der minutenlang anhält und einen (fast) betäubten Genießer mit (kurzzeitig) gelähmten Geschmacksknospen hinterläßt.

An dieser Stelle noch ein Tip zu einem hier nicht verkosteten aber selbstverständlich bei Mike erhältlichen Edeltropfen: Der "Michter's Single Barrel 10y Old Bourbon" (47,2% Vol.) hat ein unglaublich balanciertes und zugleich komplexes und facettenreiches Aromabild, das ich mit meinem kargen Wortschatz kaum zu beschreiben vermag. Erstaunlich auch das betörende Mundgefühl. Nebenbei bemerkt liegt er in Sachen tatsächliche Lagerdauer (Michter's unterscheidet lediglich in eine 10- und eine 25jährige Variante) sehr nahe bei der erheblich teureren 25y-Abfüllung.

Über KBD lässt sich vielerorts nachlesen. Essentiell ist m.E., dass es sich in erster Linie nicht um einen Hersteller (Die Distillers destillieren also gar nicht selber), sondern um einen Abfüller handelt. KBD ist aber auch gleich der größte dieser Art in den USA. Zudem besitzt man die "Willett"-Lagerhäuser mit einer Kapazität von rund 50.000 Fässern. Mitlerweile wurde aber auch die alte Brennanlage der "Willett Distillery" mit einer Continous und einer Pot Still (siehe "Willett Pot Still Reserve") wieder in Stand gesetzt und in Betrieb genommen. Der Stoff kam und kommt in größerem Umfang von der benachbarten Destillerie "Heaven Hill", die weltweit eine unübersichtliche Zahl von Marken und Abfüllungen (z.b. "Evan Williams", "Parker's Heritage", "Elijah Craig",...) verkauft. Welcher Whiskey gekauft und wie lange er gelagert wird bevor er geblendet (oder eben nicht) abgefüllt und verkauft wird, obliegt also den KBD unter der Führung der Familie Willett/Kulsveen.

Schon während dem Tasting nannten die Teilnehmer Cocktailvorschläge zum jeweiligen Probanden. Diese wurden im Rahmen einer Openbar-Runde realisiert und sollen zusammen mit den von Oliver gesammelten Basics und Information zu KBD am Ende der Veranstaltungsreihe in ein Booklet einfliessen. Mit der Angabe unserer Tastingnotes habe ich mich daher hier zurückgehalten - Die soll schließlich jeder selber erarbeiten.

Die erwähnten Whiskeys und noch ein paar mehr verkauft Mike Werner in einer speziellen "Abteilung" seines Lampenschirmladens im Herzen von München. Onlineshopping ist über seine Webpräsenz (mittels Abwicklung durch The Whiskystore) möglich. Gastronomen und Gewerbetreibende wenden sich direkt an Herrn Werner:


Tel.: +49 (0)89 / 29 69 58
Fax: +49 (0)89 / 29 63 89
info@mikes-whiskeyhandel.de

updated 19.05.2011

1 Kommentar:

  1. Danke für den schönen Bericht, hatte zwar schon mal das Vergnügen einiger dieser wirklich hervorragenden Bourbon probieren zu dürfen. Aber ich wäre auch gerne zu dem Tasting gekommen.

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